Altlünen – Vor ein paar Tagen bekam der Vorstand des TV Altlünen einen Brief, mit dem Vorschlag den Inhalt doch auf der vereinseigenen Website zu veröffentlichen. Autorin des Briefes ist TVA-Mitglied Renate Große Wiesmann (Beitragsbild), die auch in der Vergangenheit immer mal wieder Vereinschroniken sowie auch die TVA-Vereinsgeschichte auf dieser Website verfasst hat. Der Vorstand des TV Altlünen fand einstimmig, das diese Geschichte gut in die jetzige Zeit passt.

Erinnerungen…

Immer, wenn ich in diesen Tagen lange Menschenschlangen sehe, läuft in meiner Erinnerung ein Film ab. Und auch die vielen Hilfsangebote von Menschen, die anderen in dieser schweren Zeit beistehen wollen, erinnern mich immer wieder an einen ganz bestimmten Tag – an Sonntag, den 1. März 1998.

Als unser Vereinsmitglied Peter Weiß erfuhr, dass sein guter Freund und Tennispartner an Leukemie erkrankt war, beschlossen er und dessen Freundin eine groß angelegte Hilfsaktion. Aufgerufen durch Presse und Rundfunk wurden potentielle Knochenmarkspender gesucht. Professionelle Hilfe gab es nicht. Die Stefan-Morsch-Stiftung hatte sich nur bereit erklärt, die Blutuntersuchungen durchzuführen. Schon früh strömten am 1. März die Menschen nach Lünen. Schnell wurde klar, dass unser Clubhaus viel zu klein für dieses Unternehmen war. Durch Hilfe des Lehrers Werner Falkner wurde die Realschule zum Aktionsort geöffnet. Stoßstange an Stoßstange krochen die Autos über die Straßen und wurden von einem TVAler zur Schule dirigiert. Zusätzlich zu den 6 Mitarbeitern der Stefan-Morsch-Stiftung halfen Lüner Ärzte, Kranken-schwestern und medizinisches Personal bei der Blutabnahme. In 3 Klassenzimmern arbeiteten 25 Personen ohne Pause, bis gegen Nachmittag die Glasröhrchen ausgingen. Aus Essen und Brambauer wurde Hilfe angefordert; mit Blaulicht bahnte sich danach die Polizei den Weg nach Lünen – 1000 neue Glasröhrchen im Gepäck. Die Zahl der Spendewilligen stieg unaufhaltsam: Zuerst 100, später 500, dann 1000; danach 2300, 3000, 3500! Unsere Gruppe vom TVA gab ebenfalls ihr Bestes: Bergeweise Brötchen, gestiftet durch Bäcker Möllmann; Berge von Aufschnitt, gestiftet durch Fleischerei Scharbaum; Hunderte von Kaffee- oder Teebechern und frisch gebackene Waffeln wurden für die so geduldig in langen Schlangen Wartenden herausgegeben. Gegen 20 Uhr zählte man 4000 Spender, entweder mit einer Blutabgabe oder auch mit einem großzügigen Geldbetrag. An diesem Abend gab es niemanden, der nicht erschöpft war; aber auch jeder war gleichzeitig überwältigt von der Hilfsbereitschaft der Bevölkerung — Wegen dieser großen Resonanz wurde der kommende Sonntag noch einmal für eine Spendenaktion hinzugenommen – und wieder strömten Hunderte zur Realschule.

Erschüttert und unsagbar traurig mussten wir jedoch nach Wochen erfahren, dass Peters Freund an seiner schweren Krankheit doch verstorben war. Sein Schicksal bleibt für immer verbunden mit echter, ehrlicher Freundschaft, großer Solidarität, Mut und Lebenswillen und einer vorher nicht geahnten Hilfsbereitschaft so vieler Menschen aus Lünen und Umgebung. (Trotz unserer riesengroßen Enttäuschung war diese Hilfsaktion später sicherlich lebensrettend für einen anderen, auch suchenden Erkrankten – vielleicht sogar im Großraum Deutschland)

Und auch in diesen Tagen lesen und hören wir immer wieder, wie groß die Hilfsbereitschaft in Lünen ist, wie viele sich der Schwächeren in unserem Stadtgebiet annehmen. Wenn Hilfe nötig ist, wird unsere kleine Stadt manchmal ganz groß. R.GW